Die Versuche im SfVR sind in der Regel auf eine Dauer von ca. 6 Monaten ausgelegt. Ansatz dieses Experiments war es, so viele Bilder wie möglich in kürzester Zeit zu generieren. Mit dieser auf Quantität ausgelegte Arbeitsweise soll die These unterstützt werden, dass digital Visual Research einen beschleunigten Workflow ermöglichen kann. Um eine zu frühe Versenkung in gestalterische Details zu verhindern, wurde bewusst eine abstrakte Form der Modellierung gewählt. Es wurde darauf verzichtet, etwas nachbilden oder darstellen zu wollen. Die entstandenen Skulpturen dienen weder einem Zweck noch tragen sie irgendeine Bedeutung in sich.
Vorbereitung
Das ganze Projekt sollte innerhalb einer Stunde realisiert werden. Das heißt vom Erlernen Des Workflows bis zum fertig gerenderten Bild bleiben genau 60 Minuten Zeit. Um diese Deadline einzuhalten, wurde die Render Farm Concierge Render ausgewählt. Durch das Auslagern des Renderprozesses konnten ca. 3 Stunden gespart werden. Da zu diesem Zeitpunkt durch die vorhergegangen Rekonstruktionen schon einiges an Erfahrung mit Texturen und Displacement gesammelt wurde, sollte der Fokus in diesem Experiment auf der Modellierung liegen. Das im Vorhinein ausgewählte Tutorial stammt von einem kleinen Youtube-Kanal namens bewegte Architekturmanufaktur. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es viele Tools, die eigentlich nicht zur Modellierung genutzt werden, für eben diese nutzt und neue Anwendungsmöglichkeiten findet. Dies war zu Beginn des Experiments jedoch noch nicht klar, da das Video nicht im Voraus angesehen wurde und hauptsächlich wegen der kurzen Länge von 9 min und dem interessanten Titel namens “weird architectural sculpture in blender” ausgewählt wurde.
Material und Methoden
Die Modellierung der Skulpturen besteht aus folgenden Schritten. Zuerst wird eine Ebene erstellt, auf welche ein Partilcehairsystem angewendet wird. Dieses findet sich im Particle Properties Tab. Dabei empfiehlt es sich, die Anzahl der Haare nicht zu hoch einzustellen. Im Particle Edit Mode sollten unter Tool Options die Path Steps auf mindestens 10 gesetzt werde. Anschließend wird das Particlehairsystem in Vertices umgewandelt und verformt. Das Umwandeln geschieht im Modifier Tab des Edit Mode. Anschließend werden die Vertices reduziert und das Ergebnis wird erneut verformt. Die Reduktion kann über einen Decimate Modifier oder mit einer beliebiger Funktion im Edit Mode unter
Mesh → Cleanup realisiert werden. Für die Verformung wechselt man in den Edit oder Sculpt Mode und benutzt ein beliebiges Werkzeug. Zum Schluss wird zuerst ein Subdivision Surface Modifier und dann ein Displacement Modifier mit einem Noise Loop als Textur angewendet. Für die Erstellung der Texturen wurde nur die Parameter des standardmäßigen Principled BSDF verwendet.
Beobachtung
Um die Deadline einzuhalten, wurde die Blenderszene online für umgerechnet 5€ in einer Cloud gerendert. Innerhalb einer Stunde sind so 50 Bilder entstanden. Weitere Experimente mit kostenpflichtigen Renderdiensten wurde nicht unternommen. Statt dessen wurde daran gearbeitet die Renderzeiten zu verkürzen und auch mit Eevee gute Resultate zu erzielen. Während der Bearbeitung dieser Thesis erschien Blender 3.0 mit einer überarbeiteten Eevee Renderengine. Alle zu sehenden Skulpturen wurden innerhalb von jeweils ungefähr 10 bis 15 Minuten moduliert. Für die Beleuchtung und Erstellung der Szenen wurde jedoch viel mehr Zeit verwendet. Die Skulpturen dienten nur dazu die Möglichkeiten dieses digitalen Studios zu erkunden. Obwohl nur ein Texturenode verwendet wurde ergeben sich durch das Zusammenspiel von Material und Licht so viele Variationen das man Stunden mit der Ausleuchtung der Szene verbringen kann.
Ergebnisse
Auch wenn die ursprünglichen Skulpturen und Szenen Layouts mit Belichtung in einer Stunde realisiert werden können, benötigt es mehr Zeit, wirklich zufriedenstellende Ergebnisse zu erzeugen, da ein iterativer beurteilender Prozess innerhalb einer Stunde nicht umzusetzen ist. Trotzdem hat die extrem kurze Deadline im ersten Versuchszyklus zu einer fokussierten Arbeitsweise geführt, wodurch am Ende mehr Zeit für Details wie Material und Belichtung blieb. Das Projekt hat sehr schön die Grenze zwischen Übungen neben der grafischen Arbeit und der grafischen Arbeit selbst aufgezeigt. Eine zufällig modulierte Form zu generieren dauert 10 Minuten, aber ihr ein organisch fremd anmutendes Aussehen zu verleihen ist mit einem aufwendigen iterativen Prozess gepaart, welcher am Ende seltsam lebendig und doch starre Tiefwasser Kreaturen hervorbringt oder zeitgenössische Keramikplastiken. Je nach Licht und Material.